Wer immer sich über die Kunsttöpferei Friedrich Festersen in Berlin informieren
wollte, war auf bescheidene biographische Angaben in diversen Fach-Lexika
angewiesen. Dies änderte sich 2009: Das Keramik-Museum Berlin (Keramik
Museum Berlin)
zeigte vom April bis zum Juni eine Kabinett-Ausstellung von ca. 70 Objekten, die
erstmals einen repräsentativen Einblick in die Vielfalt der Dekore und Formen
aus der relativ kurzen Zeit der Wirksamkeit der Firma Festersen ermöglich hat.
Im Zuge dieser Präsentation konnten umfassende firmengeschichtliche und
biographische Details in Erfahrung gebracht werden, die in einer feinen, kleinen
und farbig illustrierten Ausstellungskatalog von Heinz-J. Theis im Selbstverlag
zusammengefasst wurden.¹
Auszüge und
Zusammenfassung aus dem Ausstellungskatalog von Heinz-J. Theis

Friedrich Festersen um 1910
|
Demnach wurde Friedrich
Festersen am 11.6.1880 als jüngster von drei Söhnen des
Landwirts Hans Heinrich Festersen und dessen Frau Maria in
Hockerup/Nordschleswig geboren. Das damals zum deutschen
Kaiserreich gehörende Gebiet wurde als Folge des Versailler
Vertrages nach einer Volksabstimmung am 10.2.1920 mit 75%
Stimmenmehrheit mit Dänemark vereinigt. Friedrich Festersen
machte zunächst um 1900 eine Ausbildung zum Konditor und zog um die
Jahrhundertwende in die Reichshauptstadt Berlin. In der
Schöneberger Vorstadt
2
Lützowstraße 31, betrieb der Tischler
Heinrich Festersen, der vermutlich ein Großonkel von
Friedrich war, eine Porzellanwarenhandlung. Hier fand
Friedrich eine Anstellung und konnte, nachdem sich Heinrich
Festersen 1905 zur Ruhe gesetzt hatte, die Leitung des
Geschäfts übernehmen. Bald darauf erweiterte Festersen das
Angebot um eine „Agentur für Bauerntöpferei“
3
– vermutlich
befanden sich in diesem Sortiment auch die einstmals sehr
beliebten traditionellen Töpferarbeiten aus Schlesien.
Relativ bald reifte die Idee, eine eigene Töpferei in Berlin
aufzubauen, und so eröffnete Friedrich Festersen zusammen
mit seiner aus der Nähe von Minsk stammenden jüdischen Frau
Sonja geb. Merlies 1909 die „Friedrich Festersen‘s Kunsttöpferei GmbH“ in
der Lützowstraße 2 (1909-1916).
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Die Porzellanwarenhandlung Friedrich Festersen in der
Lützowstr. 31 |
Auch der in Berlin lebende ältere Bruder von Friedrich, der
Bildhauer Andreas
Festersen, (Ausbildung als Bildhauer an der KGS Flensburg und an der Königlichen
Akademie der Künste zu Berlin)
war an der Gründung des neuen Betriebes beteiligt und übernahm die künstlerische
Leitung.4 Der Firmeneintrag im Berliner Adressbuch wurde 1909 durch "Spez. Abt.
u. Agent. i. Bauerntöpferei Kunstkeramik" und 1910
zusätzlich durch "Kunsttöpferei Nr. 2" ergänzt.
5 Anfangs wurden vornehmlich Kuchen-Backformen, an denen reichlich Bedarf
bestand, recht bald aber auch anderes meist dickwandiges Gebrauchsgeschirr sowie
Krüge, Vasen, Terrinen und Schalen aus Steinzeug mit weißen, grauen oder
beigefarbenem Scherben gefertigt. Teilweise bezog die Kunsttöpferei Rohware von
Villeroy&Boch und verarbeitete diese dann weiter (vor allem
bei den Tellern). Die dazu benötigten Töpfer und Maler stammten
allesamt aus dem Bunzlauer Töpfergebiet in Niederschlesien.
6
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Markenzeichen der jungen
Berliner Firma wurde eine seit der zweiten Hälfte des
19. Jahrhunderts im
Bunzlauer Raum weitverbreitete „bäuerliche“
Dekorationstechnik, das sogenannte „Schwämmeln“ von
Pfauenaugen.
7 Die anfangs noch schlicht gehaltenen
Formen wirkten zunächst sehr rustikal, wurden aber bald
immer eleganter und die vielfältigen Schwämmeldekore bekamen
mit der Zeit auch immer feinere Strukturen. In Anlehnung an
die Bunzlauer Schwammdekore wurden die dominierenden Farben
Blau, Grün und Gelb zunächst mit Kartoffelstempeln und
später mit Lederlappen aufgetragen. Später kamen gemalte und
geschlickerte Dekore
8 und auch Laufglasuren dazu. Die
mehrschichtig aufgetragenen, zum Teil polychromen
Laufglasuren bringen beim Ineinanderlaufen interessante
Farbeffekte hervor und schaffen matte oder glänzende
Oberflächen von großem Reiz. Festersen’s großes, in
mannigfaltigen phantasievollen Varianten ausgeprägtes
weichkonturiges Pfauenaugenmuster stellt eine kreative
Weiterentwicklung des Bunzlauer Vorbildes dar. Daneben
entstanden wohlproportionierte Vasen und Schalen
ostasiatisch beeinflusster Formgebung in gedeckten
Farbtönen. Es kann heute leider nicht mehr eindeutig
festgestellt werden, wer für die Form- und Dekorentwürfe
verantwortlich war. Da aber Friedrich Festersen meist als
Kaufmann betitelt wurde, liegt die Vermutung nahe, dass sein
Bruder Andreas - der Künstler - für die Entwürfe
verantwortlich zeichnete.
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Im Oktober 1909 fand Festersen Aufnahme im Verein für
deutsches Kunstgewerbe in Berlin. Als Beleg für den
schnellen Erfolg, den die kleine Firma hatte, ist
beispielsweise im April 1909 eine erste Veröffentlichung von
vier Bildern mit 28 geschwämmelten Objekten von Festersen in
der Monatszeitung „Deutsche Kunst und Dekoration“ (Heft 7,
Darmstadt April 1909, XII. Jahrgang 1910 S. 75/174/179/287) erschienen, zwei
weitere Bilder in derselben Monatsschrift mit 10
geschwämmelten Objekten folgten im Laufe des Jahre 1909.
Im Heft 1 (Oktober 1911) gab es eine weitere ganzseitige
Darstellung mit
13 Festersen-Exponaten. Auch die damals führende Monatsschrift die „Die Kunst“
(Monatshefte für freie und angewandte Kunst.
Zweiundzwanzigster Band. Angewandte Kunst der „Dekorativen
Kunst“, XIII. Jahrgang, München 1910, S.
114/115/116/117 )
veröffentlichte als Illustration eines Artikels sieben
Bilder mit 43
geschwämmelten Objekten von Festersen.
Auch in der Juni-Ausgabe 1914 der Zeitschrift
"Daheim" gab es Hinweise auf die Kunsttöpferei Festersen,
angereichert mit drei unten dokumentierten Bildern (Kaffee-
und Teegeschirr, drei Vasen aus der Kunsttöpferei und fünf
Vasen von Friedrich Festersen).
Von 1909 bis 1914 hatten
die Deutsche Werkstätten für Handwerkskunst GmbH Dresden und
München den Generalvertrieb der Festersen Kunsttöpferei
übernommen.9
Der Umsatz der Firma Friedrich
Festersen Kunsttöpferei betrug im Jahr 1913 mindestens 25 -
30.000 Mark.10
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Im Archiv der Deutschen Werkstätten in Dresden,
die ab 1909 den Generalvertrieb für die
Kunsttöpferei Festersen in Deutschland
übernahmen, gibt es nur wenige Hinweise auf diese
Zusammenarbeit. In zwei Katalogbildern von
Wohnungseinrichtungen der Deutschen Werkstätten
finden sich Exponate (linkes Schaubild:
niedriger Bücherschrank, Entwurf K. Bertsch,
rechts unten Festersen-Blumenübertopf; rechtes
Schaubild: Doppelwaschtisch: Entwurf Richard
Riemerschmid, zwei Waschschüssel jeweils mit
Krug- Festersen). Ferner gibt es in einem kleinen
Hinweis der Berliner Niederlassung der Deutschen
Werkstätten (31.12.1912: Creditoren Saldenliste
Festersen, fr. 37,10 Mark haben). Offensichtlich
wurden die Exponate bei den Deutschen
Werkstätten nur gelegentlich als Dekorationsware
benutzt, aber Umsatzmäßig finden sich im Archiv
keine weiteren Hinweise.
Quelle: Katalog Deutsche Werkstätten
(Hellerau/München/Dresden/Berlin/Hannover), 10.
Auflage, 1913 |
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Der Ausbruch des Ersten Weltkriegs bewog Friedrich
Festersen, sich zum Krankenpfleger ausbilden zu lassen.
Bereits wenige Monate nach seinem Dienstantritt bei einer
freiwilligen Krankenpflege-Etappeninspektion im deutschen
Heer verstarb er am 14.11.1915 im Alter von nur 35 Jahren in
einem Kriegslazarett in Weißkirchen/Saargebiet an den Folgen
einer tuberkulösen Hirnhautentzündung. In Weißkirchen wurde
Friedrich Festersen auch beigesetzt.

Sonja und Friedrich Festersen mit ihren Kindern Ruth Marie und Hans
Heinrich um 1913 |
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Auch Andreas
Festersen leistete seinen Dienst am Vaterland. Nach
Kriegsende zog er mit seiner Familie zurück nach
Hockerup, weil auch Peter – der älteste der drei
Brüder – 1916 gefallen war, um den Erbhof zu
übernehmen und Bauer zu werden. Friedrichs Witwe
Sonja betrieb den Laden und die Töpferei zusammen
mit dem Geschäftsführer Hugo Lippmann
(der bereits - neben
Carl Javurek - bis zum Kriegsausbruch Vertreter für
die Kunsttöpferei war
11 ) unter dem
Namen „Festersen’s Kunsttöpferei GmbH“ weiter
(1916-1922). Als jedoch
die Auswirkungen des weltweiten Konjunktureinbruchs
und der Inflation den Absatz von Keramikerzeugnissen
immer mehr erschwerten, musste 1922 schließlich die
Liquidation angemeldet und die Produktion der
Kunsttöpferei eingestellt werden.12 Sonja Festersen
führte ein eigenes Ladengeschäft noch bis ca. 1926
weiter und starb am 13.4.1939 in Berlin.
Das Ehepaar Friedrich und Sonja Festersen hatten
zwei Kinder, den 1907 geborenen Sohn Hans Heinrich
und die 1909 geborene Tochter Ruth Marie. Der Sohn war
aufgrund einer zerebralen Kinderlähmung an den Beinen
teilweise gelähmt und musste Gehhilfen mit sich
führen. Am 12. Oktober 1942 wurde Hans Heinrich von der Polizei in
der Arbeiterkolonie Lobetal bei Bernau, wo er seit
1931 lebte, verhaftet und am 13. Juli 1943 vom
Berliner Sondergericht wegen seiner Homosexualität
nach § 175 wegen angeblicher "Minderwertigkeit" zum
Tode verurteilt. In der "Mordnacht vom Plötzensee"
vom 7. auf den 8.
September 1943 wurde er in Plötzensee gehenkt. Ruth
Marie Festersen erlernte die Schauspielerei und wurde
unter anderem 1935 Mitglied der Schauspielbühne des
Jüdischen Kulturbundes Rhein-Ruhr. Sie überlebte die
Zeit des Nationalsozialismus und starb 1991 in
Weimar.
|
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Sonja Festersen
(1881-1939)
1881 |
am 5. Januar in Koidanow bei
Minsk geboren (Sora Ester Abramowna Merlis) |
1907 |
Geburt des Sohnes Heinrich |
1909 |
Gründung einer Kunsttöpferei
mit ihrem Ehemann Friedrich und dessen Bruder, dem Bildhauer
Andreas Festersen, Geburt der Tochter Ruth |
1916 |
Weiterführung des Geschäfts und
der Töpferei nach dem Tode ihres Mannes Friedrich |
um 1920 |
die Töpferei wird umbenannt in:
Friedrich Festersen's Kunsttöpferei GmbH, Geschäftsführer
Hugo Lippmann |
1922 |
Einstellung der Töpferei und
Liquidation |
1925 |
letzte Eintragung der
Porzellanhandlung Friedrich Festersens im Berliner
Adressbuch |
1939 |
stirbt Sonja Festersen nach
einer Krankheit |
Friedrich Festersen
(1880-1915)
1880 |
am 11. Juni in
Hockerup/Nordschleswig geboren |
vor 1900 |
Ausbildung zum Konditor |
um 1900 |
geht Friedrich nach Berlin und
findet Anstellung in der Porzellanwarenhandlung Heinrich
Festersen (Lützowstr. 31) |
1905 |
Übernahme der
Porzellanwarenhandlung |
1907 |
Einrichtung einer Agentur für
Bauerntöpferei |
1909 |
Gründung einer Kunsttöpferei
mit seinem Bruder, dem Bildhauer Andreas, und seiner Frau
Sonja in der Lützowstr. 2,
20.10.1909 Aufnahme in den Verein für deutsches Kunstgewerbe
Berlin |
1910 |
bis 1914 Generalvertrieb von
Festersen's Kunsttöpfereien über die Deutschen Werkstätten
für Handwerkskunst GmbH
Dresden-Hellerau und München |
1912 |
Teilnahme an der Leipziger
Mustermesse |
1915 |
9.4. - 7.5. Ausbildung zum
Krankenpfleger - anschließend freiwilliger Dienst in der
Armee des deutschen Heeres
10.11. Aufnahme im Kriegslazarett Weiskirchen |
1915 |
am 14.11. stirbt Friedrich
Festersen an einer tuberkulösen Hirnhautentzündung |




S. 114

S. 115

S. 116
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¹ |
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Vgl. Heinz-J.
Theis (Hrsg.): Kunsttöpferei Friedrich Festersen (Berlin 1909-1922),
52 Seiten, Berlin 2009. Zu beziehen zum Preis von € 7 beim
Keramik-Museum Berlin,Schustehrusstrasse 13, 10585 Berlin-Charlottenburg, Tel. 030/3212322
Weitere Literatur zu Festersen: Heidi Müller, Ekkehard und Inge
Lippert, Regine Falkenberg, Bunzlauer Geschirr, Staatliche Museen
Preußischer Kulturbesitz, Schriften des Museums für Deutsche
Volkskunst Berlin 1986, Band 14, Seite 403, Markenverzeichnis, Marke
19, Festersen; Christel Mosel, Kunsthandwerk im Umbruch, Jugendstil
und Zwanziger Jahre, Seite 12, Marke Festersen; Gisela Reineking von
Bock, Meister der deutschen Keramik 1900 bis 1950, Köln 1978, Seite
115, Beschreibung Manufaktur Festersen sowie Seite 320, Pressmarke
Festersen, Höhe 6 cm, Breite 10 cm; Märkische Ton-Kunst. Berlin und
Brandenburg. Keramik der 20er und 30er Jahre, Berlin 1992, S.
123/178/199; Dieter Zühlsdorff, Keramik-Marken Lexikon 1885-1935,
Europa, Festland, S. 407
|
2 |
|
Berlin W 35; ab 1920: Bezirk Tiergarten; seit 2001:
Berlin-Mitte, Ortsteil Tiergarten
|
3 |
|
Eintrag im Berliner Adressbuch 1907-1908: Friedrich
Festersen, Kaufmann. Das Adressbuch kann abgerufen werden unter
adressbuch.zlb.de
|
4 |
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Laut dem Berliner Adressbuch von 1912
wohnte er in der Flottwellstraße Nr. 6. Im Adressbuch 1914 und
1915 findet sich dann folgender Eintrag: Andreas Festersen,
Bildhauer, W 35, Lützowstraße 2
|
5 |
|
vgl.
adressbuch.zlb.de,
Ab 1911 taucht im Berliner Adressbuch als Wohnung in Berlin W 35,
Magdeburger Str. 11 auf. Nach einem Artikel in der Zeitschrift
"Daheim"
(Juni 1914, 50. Jahrgang, Heft Nr. 38 vom 20.6.1914, S. 26-27) hatte
er hier auch "sein Atelier und sein stattliches Lager".
|
6 |
|
Vgl.
Sally Schöne, Zeichensaal, Labor und Werkstatt. Keramische
Fachschulen in Deutschland zwischen Kaiserreich und Zweitem
Weltkrieg, Haale an der Saale 2004, S. 129 ff
Als Bunzlauer Keramik werden keramische Erzeugnisse aus der
Stadt Bunzlau in Niederschlesien (heute polnisch Bolesławiec)
und ihrer Umgebung bezeichnet. Bunzlauer Keramik hatte bis
zum Ende des Zweiten Weltkrieges eine große wirtschaftliche
Bedeutung und war darüber hinaus mit ihrem typischen Dekor
stilbildend. Ein besonderer Vorzug dieser Tonwaren war
ehedem ihre Feuerfestigkeit. Damit konnten aus diesem fast
weiß bis leicht ocker brennenden Scherben Koch- und
Schmortöpfe sowie Kannen zum Warmhalten der Getränke auf der
Herdplatte hergestellt werden.

Der im Bunzlauer-Naumburger Tonbecken geförderte Ton wurde
bei bis zu 1260 Grad Celsius gebrannt und galt im gebrannten
Zustand als hochgebrannte Irdenware. Dieser Scherben war
trotz hoher Brenntemperatur nicht gesintert, also noch etwas
porös und konnte dadurch Temperaturwechsel gut überstehen.
Neuerungen im Töpferhandwerk förderte die 1898 in Bunzlau
nach österreichischem Vorbild gegründete Königliche, später
Staatliche Keramische Fachschule. Bis zuletzt gab es neben
der industriellen Fertigung in Bunzlau und Umgebung eine
Vielzahl von Handtöpfereien in Familienbesitz, die auf der
Scheibe drehten oder in Gipsformen gossen.
In unmittelbarer Konkurrenz zu den Töpfereien in der Stadt
Bunzlau standen die Werkstätten in der Nachbarschaft, die
durch abgewanderte Töpfer gegründet wurden, zum Beispiel in
Naumburg am Queis, Tillendorf und Ullersdorf. Der Erfolg der
Bunzlauer Keramik führte zu Nachahmungen in anderen
Töpferorten, die dann auch unter diesem Gattungsnamen
verkauft wurden. Die Töpfer in Bunzlau und Umgebung
versuchten sich deshalb mit dem Markenstempel „Original
Bunzlau“ zu schützen.
Herstellermarken findet man vorzugsweise auf den mehr
industriell gefertigten Produkten; auf älteren, insbesondere
auf der Töpferscheibe gedrehten Tonwaren fehlen sie. Mit der
Vertreibung der deutschsprachigen Bevölkerung
Niederschlesiens nach dem Zweiten Weltkrieg fand die
Produktion ein jähes Ende.
Bekannte Töpfereien waren Gleisberg, August Hude, Julius
Paul & Sohn, Hugo Reinhold & Co und Edwin Werner.
|
7 |
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Mittels in verschiedene Formen
geschnittener Schwämme wird eine meist blaue oder grüne
Schlickerfarbe auf das zu dekorierende, schon einmal
gebrannte Objekt getupft und danach mit einer transparenten
brennenden Glasur überzogen und nochmals gebrannt. Vgl.
Ekkehard und Inge Lippert, Dekore, in: Heidi Müller, Ekkehard und
Inge Lippert, Bunzlauer Geschirr. Gebrauchsware zwischen Handwerk
und Industrie, Berlin 1986, S. 80 ff, insbesondere Schwammdekor S.
84 ff
|
8 |
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Mit einem Malhorn
aufgetragener Dekor aus eingefärbtem Tonschlicker, der dann mit
einer transparenten brennenden Glasur überzogen wird. Diese Dekor
ist leicht
erhaben und ertastbar.
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9 |
|
Vgl. Klaus-Peter Arnold, Vom Sofakissen zum Städtebau. Die
Geschichte der Deutschen Werkstätten und der Gartenstadt Hellerau,
Verlag der Kunst, Dresden, Basel 1993,
S. 299
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10 |
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vgl. Eidesstattliche Erklärung von
Sonja Festersen vom 26. Juni 1916, Landesarchiv Berlin,
Dokumentenmappe Friedrich Festersen A Rep. 342-02, Nr. 2379. Konrad Spindler hat in seinem Buch "Bunzlauer Keramik im
Germanischen Nationalmuseum", Nürnberg 2004, auf S.
326ff einen Warenkatalog (mit Preisliste) der Bunzlauer
Kunsttöpferei Alfred Seiffert aus dem Jahr 1910
dokumentiert. Demnach kostete z.B. ein Kaffee-Service,
5 teilig, zwischen 4 Mark (ohne Dekor) und 9 Mark (mit
Echtgold-Dekor). Milchtöpfe, ein Satz 6 Stück, 3 bis 8
Mark, Vasen (je nach Glasur, Farbe und Größe) rund 8 bis 10
Mark. Zum Vergleich: Bis zum Ersten Weltkrieg bekam ein
Töpfergeselle einen Wochenlohn von 10 bis 15 Mark.
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11 |
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Nach einer
Eidesstattlichen Versicherung vom 25. Juni 1916 durch Hugo
Lippmann hat er bis zum Kriegsausbruch als Vertreter für
Friedrich Festersen's Kunsttöpferei 1913 einen Umsatz von
23.265,20 erzielt (Provision 3458,89 Mark), 1914 (1. Sem.)
einen Umsatz von 13.306,33 Mark (Provision 1778,76 Mark).
Der zweite Vertreter Carl Javurek hat in der selben Zeit
folgendes Ergebnis erzielt: 1913 Umsatz 7.810,60 (Provision
1.562,12 Mark), 1914 (1. Sem.) Umsatz 5.306,15 Mark
(Provision 866,42 Mark)
Hugo Lippmann war offensichtlich nicht nur für Festersen
tätig. So findet man u.a. in der damals sehr wichtigen
Fachzeitschrift “Die Porzellan- und Glashandlung” Nr. 8 vom
24.2.1917 (17. Jahrgang) auf der Seite 168 eine große
Anzeige anlässlich der Leipziger Messe mit folgendem Text:
Hugo
Lippmann
Zur Messe: Zentralmesspalast
2. Obergeschoß, Neumarkt 2-4
●
Kunstporzellane
● Kunstgläser
● Kunsttöpfereien
● Marmorarbeiten
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Auch Festersen hat in
dieser Fachzeitschrift zahlreiche Anzeigen anlässlich
der Leipziger Messe geschaltet:

u.a. Heft 7 (14.2.1914, S.
181), Heft 8 (21.2.1914, S. 247), Heft 9 (28.2.1914, S.
315), Heft 32 (8.8.1914, S. 777) und Heft 33 (15.8.1914,
S. 798).
Die frühen Handels- und Verkaufsmethoden werden von Kristine
Späth in ihrem Buch "Töpferei in Schlesien" wie folgt
dargestellt:
• Verkauf "über die Straße", also direkt in der Töpferei

Brauntöpferei Adolf Douglas, Bunzlau
1909

Werkstatt der Töpferei Paul Gleisberg, Bunzlau 1910/20
• "fliegende Händler"
oder Handelsleute, die mit Pferdewagen über die Dörfer
fuhren

• Jahr- und
Töpfermärkte

Verkauf von Geschirr auf dem
Breslauer Topfmarkt

Der Topfmarkt in Breslau

Eger - Töpfergeschäft im Stöckl
•
Preislisten an die Händler überall im Deutschen Reich
Was nun die in unserer heutigen
Zeit so wichtige Reklame angeht, so war sie damals gleich
Null. Die Güte der Waren sprach für sich und außer den
Abbildungen für Preislisten, die für die Händler im weiten
Deutschen Reich "von der Maas bis an die Memel" gedruckt
wurden, sind kaum Abbildungen gemacht worden. Leider liegen
derzeit keine Preislisten für Festersen-Exponate vor. Vgl.
Kristine Späth, Töpferei in Schlesien. Bunzlau und Umgebung,
München 1979, S, 39 sowie Heidi Müller, Verkaufspreise, in:
Heidi Müller, Ekkehard und Inge Lippert, Bunzlauer Geschirr,
Berlin 1986, S. 168ff.
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12 |
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Nähere Einzelheiten siehe
Landesarchiv Berlin, Dokumentenmappe Friedrich Festersen A Rep.
342-02, Nr. 2379 |
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